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MedienFasten in Ägypten

Eine Studie internationalisiert sich.

In Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule der Universität Heliopolis (SEKEM, Ägypten), wurde die Medienfastenstudie im Jahr 2023 parallel zur Zeit des Ramadans durchgeführt.

Aufgrund der herausfordernden finanziellen Situation in Ägypten wurde das Projektmaterial bei Beibehaltung der Projektidee in Kooperation mit Dr. med. Silke Schwarz redesigned. Die Schule, mitsamt Familienhäusern, sowie die pädagogischen Fachkräfte aus SEKEM nahmen teil. Mit großem Engagement, viel Kreativität und enger Begleitung ist dieses Projekt zur Steigerung des Bewusstseins für digitale Bildschirmmedien auch über den langen Zeitraum des Ramadans sehr gut machbar und entspricht dem Bedarf im ägyptischen Sprachraum.
Ergebnisse zeigen signifikante Veränderungen im Umgang mit digitalen Bildschirmmedien und die Bereitschaft zu langfristigen Verhaltensänderungen in Sekem/Ägypten.

Die Umsetzung von MedienFasten in Ägypten

An dem Projekt Medienfasten in Ägypten nahmen Grundschulkinder, Schüler/innen der 7. und 8. Klasse und deren Eltern teil.

Zu Beginn des Projekts fand ein Treffen mit den zuständigen Lehrer/innen statt, um die Aufgaben des Medienfasten-Kalenders zu besprechen. Des Weiteren gab es ein Treffen mit den Eltern, um eine Einführung in das Projekt zu geben und zu erläutern, inwiefern es zu einer Verringerung des Medienkonsums während des Ramadans beitragen könne. Das Projekt wurde von den Eltern gut angekommen und es wurden weitere Vorschläge gegeben, wie die Aufgaben zuhause durchgeführt werden könnten.

Der Medienfasten-Kalender wurde für die verschiedenen Schulklassen angepasst. Grundschulkinder fasten nicht während des Ramadans. Im Rahmen des Medienfastens, wurden sie angeregt, täglich einige Werte zu praktizieren und dabei die spirituelle Atmosphäre des Ramadans zu nutzen.
Schüler/innen aus der 7. und 8. Klasse sammelten Kleidung und spendeten sie an Bedürftige. Um ein kontinuierliches Engagement von Seiten der Schüler/innen zu unterstützen, fand jeden Morgen eine 15-minütige Feedbackrunde bezüglich der anstehenden Aufgaben des Medienfasten-Kalenders mit den Klassenlehrer/innen statt. Von Seiten der Eltern war neben der Reduzierung der Medien, der Fokus auf dem sozialen Aspekt, wobei die Qualität der Beziehung gestärkt werden sollte.

Der Medienfasten-Kalender wurde zu einem wirksamen Instrument, um Schüler/innen zu ermutigen, sich in ihrer Freizeit für sinnvollen und wesentliche Dinge einzusetzen und zu engagieren. Für viele berufstätige Eltern sei es schwierig, alternative Aktivitäten zum Medienkonsum aufzubringen, sodass sich der Medienfasten-Kalender als gute Unterstützung erwies. Eltern erlebten es als erfreulich, wie ihre Kinder mit Begeisterung den Aufgaben des Kalenders nachgingen und somit aktiv am Ramadan teilnahmen. Lehrer/innen, welche eng mit den Eltern zusammenarbeiteten, berichteten von positiven Ergebnissen und brachten Vorschläge, wie das Projekt in den kommenden Jahren umgesetzt werden könne.

Teilnehmende:
(G1) 30 students – 75 % participated – 25 % not interested
(G2) 26 students – 90 % participated – 10 % not interested
(G3) 24 students – 75 % participated – 25 % not interested
(G4) 24 students – 80 % participated – 20 % not interested
(G5) 24 students – 70 % participated – 30 % not interested
(G6) 24 students – 80 % participated – 20 % not interested
(G7) 18 students – 85 % participated – 15 % not interested
(G8) 25 students – 85 % participated – 15 % not interested

Heliopolis Universität (HU) in Sekem

Die Heliopolis Universität für nachhaltige Entwicklung (HU) wurde 2009 unter der Federführung SEKEMs gegründet. Dabei strebt die Universität eine bewusste nachhaltige Entwicklung, soziale Verantwortung, wirtschaftliche Solidarität und eine Balance der Umwelt an (SEKEM, 2023, Heliopolis University, 2023).

Mediennutzung in Ägypten

Weltweit stieg die Anzahl der Nutzer*innen von Smartphone-Mobilfunknetz-Abonnements in den letzten Jahren stetig an. So wurden im Jahr 2016 3,616 Millionen Nutzer*innen genannt, im Jahr 2022 waren es bereits 6,598 Millionen. In den kommenden Jahren wird ein weiterer Anstieg erwartet (Taylor, 2023).

Das ägyptische Ministerium für Kommunikation und Informationstechnologie veröffentlichte 2020, dass 98,8 Prozent der ägyptischen Familien ein Smartphone benutzen, während die Festnetztelefonnutzung bei 27,6 Prozent liegt (Egypt Today staff, 2020). Die meistgenutzten sozialen Netzwerke und Messenger in Ägypten sind Facebook (85%), WhatsApp (85%), Facebook Messenger (71,2%) und Instagram (65,7%; Lohmeier, 2023).

Studien zur Mediennutzung in Ägypten

Viele Studien gingen bereits der Mediennutzung und deren Auswirkungen in Ägypten nach. In einer Studie im International Journal of Internet Education wird die Nutzung von Smartphone-Apps von Studierenden beleuchtet. Zu den meistgenannten Aktivitäten von Studierenden mittels Apps gehören Kommunikation, das Verfolgen der Nachrichten, Finden von Freund*innen sowie das Suchen von spezifischen und generellen Informationen. Im beruflichen Zusammenhang wurden Smartphones mehr für die Kommunikation als für die Lernzwecke selbst verwendet. Die Studierenden zeigten eine größtenteils positive Einstellung Apps gegenüber und die meisten Apps wurden als einfach zu benutzen und hilfreich empfunden. Des Weiteren würden Apps eine schnellere Suche von Informationen und eine vereinfachte Kommunikation vermöglichen. So seien Apps praktisch und bequem. Auch gaben die Mehrheit der Studierenden an, Apps wie WhatsApp, E-Mail, Facebook und YouTube zu vertrauen. Bedenklich sei hingegen die mangelnde Schulung über Apps und ein mangelndes Bewusstsein. Des Weiteren wurde angemerkt, dass Apps zeitaufwändig, einschüchternd und süchtig machend seinen und die Privatsphäre verletzen würden (Mansour, 2016).

Verschiedene Studien gingen zudem den Auswirkungen der Mediennutzung in Ägypten nach. In einer ägyptischen Studie mit Kindern im Grundschulalter zeigten 52,4% eine problematische Internetznutzung, eine Internetsucht zeigte sich bei 4% der Schüler*innen (Ismail & Ali, 2018). Die Prävalenz einer Internetabhängigkeit lag bei bei Studierenden (18-24 Jahre) bei 47.5%, wobei 35.5% eine moderate und 12% eine schwere Abhängigkeit zeigten. Diese war stärker ausgeprägt bei männlichen Studierenden und Studierenden unter 21 Jahren. Bezüglich des sozioökonomischen Status und des elterlichen Bildungsniveaus zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Personen, die eine Internetabhängigkeit zeigten, rauchten häufiger, bewegten sich weniger und schliefen häufiger weniger als sechs Stunden. Die Internetabhängigkeit war höher bei den Personen, die das Internet für Unterhaltung, Spiele und soziale Kommunikation nutzen. Eine Internetabhängigkeit zeigte sich weniger bei Personen, bei denen sich dessen Verwendung auf das Suchen von Informationen bezog (Salama, 2020).

Eine weitere Studie aus Ägypten zeigte, dass problematische Internetnutzung bei
Jugendlichen unter anderem mit sozialer Phobie, generalisierter Angststörung und ADHS zusammenhing (Reda, Rabie, Mohsen, Hassan, 2012). Ergebnisse von Elkholy und Kollegen (2020) deuten auf die Assoziation von Alexithymie und einer Smartphoneabhängigkeit hin. Auch der Zusammenhang zwischen einer Smartphoneabhängigkeit und Schmerzen des Bewegungsapparats bei ägyptischen Physiotherapiestudierenden wurde untersucht. Hierbei zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Körperhaltung bei der Nutzung des Smartphones und dem Ort und der Art des Unbehagens (Elserty, Helmy & Mounir, 2020).

Viele Studien weisen jedoch auch auf die positiven Effekte der Mediennutzung hin. So gibt es zum Beispiel Hinweise, dass sich Medien in Ägypten als hilfreich bei der Jobsuche erwiesen (vgl. Bernhardt, Mays & Hall, 2012) und auch bezüglich gesundheitsbezogener Fragen deuten viele Berichte auf die nützlichen Aspekte von Medien hin (vgl. „100 Million´Health“; Adel, 2015; Katz, 2008; Mahfouz, 2019; Mansour, 2017).

Quellen

Adel, R. (2015). Egyptian consumers’ perception of social media as health information source. JMR, 7(4), 267-285.

Bernhardt, J. M., Mays, D., & Hall, A. K. (2012). Social marketing at the right place and right time with new media. Journal of Social Marketing, 2(2), 130-137.

Egypt Today staff (2020). 98% of Egyptian families own mobile phone. Verfügbar unter: https://www.egypttoday.com/Article/3/91209/98-of-Egyptian-families-own-mobile-phone

Elkholy, H., Elhabiby, M., & Ibrahim, I. (2020). Rates of alexithymia and its association with smartphone addiction among a sample of university students in Egypt. Frontiers in Psychiatry, 11, 304.

Heliopolis University (2023). Faculties. Verfügbar unter: https://www.hu.edu.eg/faculties/

Ismail, T., & Ali, M. (2018). Problematic internet use through smartphones among school adolescents in Sohag City, Egypt. The Egyptian Journal of Community Medicine, 37(1), 25-34.

Katz, J. E. (2008). Handbook of mobile communication studies. The MIT Press.

Lohmeier, L. (2023). Ranking der beliebtesten Social Networks und Messenger nach dem Anteil der Nutzer in Ägypten im Jahr 2022. Verfügbar unter:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/665328/umfrage/reichweite-von-social-networks-in-aegypten/

Mahfouz, M. (2019, June). Social Media and its Role in the Success of 100 Millions Health Campaign in Egypt. In RAIS Conference Proceedings-The 13th International RAIS Conference on Social Sciences and Humanities.

Mansour, E. (2016). Use of smartphone apps among library and information science students at South Valley University, Egypt. International journal of internet education, 15(1), 30-62.

Mansour, E. (2017). Health informatics: The ownership and use of mobile medical applications among Egyptian patients. Journal of Librarianship and Information Science, 49(3), 335-355.

Reda, M., Rabie, M., Mohsen, N., & Hassan, A. (2012). Problematic internet users and psychiatric morbidity in a sample of Egyptian adolescents. Psychology, 3(08), 626.

Salama, B. (2020). Prevalence and associated factors of Internet addiction among undergraduate students at Al-Beheira Governorate, Egypt. International Journal of Public Health, 65, 905-910.

SEKEM (2023). Heliopolis University for Sustainable Development. Verfügbar unter:
https://sekem.com/en/cultural-life/heliopolis-university/

Soliman Elserty, N., Ahmed Helmy, N., & Mohmed Mounir, K. (2020). Smartphone addiction and its relation to musculoskeletal pain in Egyptian physical therapy students. European Journal of Physiotherapy, 22(2), 70-78.

Taylor, P. (2023). Number of smartphone mobile network subscriptions worldwide from 2016 to 2022, with forecasts from 2023 to 2028. Verfügbar unter:
https://www.statista.com/statistics/330695/number-of-smartphone-users-worldwide

Weitere Studien zur (internationalen) Mediennutzung

Chen, L., & Nath, R. (2016). Understanding the underlying factors of Internet addiction across cultures: A comparison study. Electronic Commerce Research and Applications, 17, 38-48.

Derevensky, J. L., Hayman, V., & Gilbeau, L. (2019). Behavioral addictions: excessive gambling, gaming, Internet, and smartphone use among children and adolescents. Pediatric Clinics, 66(6), 1163-1182.

Fischer-Grote, L., Kothgassner, O. D., & Felnhofer, A. (2019). Risk factors for problematic smartphone use in children and adolescents: a review of existing literature. neuropsychiatrie, 33(4), 179.

Leihs, N. (2016). Mediensysteme in Wandel, Fokus Naher Osten. Verfügbar unter:
https://de.ejo-online.eu/pressefreiheit/mediensysteme-im-wandel-fokus-naher-osten

Russ-Mohl, S. (2015). Mediennutzung in arabischen Ländern. Verfügbar unter: https://de.ejo-online.eu/digitales/mediennutzung-in-arabischen-laendern

Sarla, G. S. (2019). Excessive use of electronic gadgets: health effects. The Egyptian Journal of Internal Medicine, 31(4), 408-411.

Shafeek, M. M., Battesha, H. H. M., Wadee, A., & Ibrahim, H. (2022). Influence of a smartphone use on dynamic balance in healthy adolescents. Human Movement, 23(2), 76-83.

Wahba, J., & Zenou, Y. (2005). Density, social networks and job search methods: Theory and application to Egypt. Journal of Development Economics, 78(2), 443-473.